Sexuelle Übergriffe gegen pflegebedürftige Frauen

Was Angehörige und Fachkräfte tun können

Ihre Angehörige wurde Opfer sexueller Gewalt?

Sie arbeiten in einer Pflegeeinrichtung und haben gewalttätiges Verhalten beobachtet?

GESINE Intervention bietet Beratung und Unterstützung für Angehörige, Mitarbeitende und sonstige durch das Geschehen (Mit-)Betroffene.

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Sexuelle Übergriffe in Pflegeeinrichtungen: was kann ich tun?

Sexuelle Übergriffe ebenso wie andere Formen von Gewalt gegen Pflegebedürftige erfordern zunächst einmal eines: unmittelbaren Schutz der Opfer. Es muss ausgeschlossen werden, dass die pflegebedürftige Person weiterer Gewalt ausgesetzt ist. Sie hat ein unmissverständliches Recht auf körperliche Unversehrtheit. Die Pflegeeinrichtung ist zum Schutz vor Gewalt verpflichtet.

Sexuelle Übergriffe stürzen die Betroffenen in tiefe Krisen. Besonders schwerwiegend ist das Gefühl des Ausgeliefertseins, wenn die Gewalt von denjenigen ausgeht, die eigentlich für den eigenen Schutz und die Unterstützung in der Pflege ausgeht. Es ist möglich, dass Ihre Angehörige neben den körperlichen Schmerzen, die Sie ertragen musste auch länger anhaltend an psychischen Folgen leidet. Massive Ängste, Panikattacken, Schlaflosigkeit, Nervosität und Unruhe, und weitere Stressreaktionen können Folge der Übergriffe sein. Wichtig ist, jetzt geduldig und respektvoll an ihrer Seite zu sein.

Auch viele Angehörige und Mitarbeitende erleben durch solch eine unfassbare Gewalttat Wut, Verzweiflung, Trauer, Angst oder Schuldgefühle. Hätte ich meine Angehörige nicht in dieses Heim gegeben, hätte ich besser hingeschaut, hätte ich etwas merken müssen?

Daher kommt es nun darauf an, mit dem Erlebten, mit den Gefühlen von Ohnmacht oder auch Wut nicht alleine zu bleiben. Die Betroffenen benötigen Unterstützung, Zuwendung, angenommen werden, Respekt und Rücksichtnahme. Aber auch Angehörige und Mitarbeitende können und sollten Hilfe oder Beratung in Anspruch nehmen.

Die Fachstelle sexualisierte Gewalt von GESINE Intervention bietet kostenlose Unterstützung in Krisensituationen nach sexueller Gewalt durch langjährig erfahrene und qualifizierte Mitarbeiterinnen.

Damit Sie keine Wartezeiten fürchten müssen, haben wir ein. Krisentelefon eingerichtet. Zunächst bis zum 07.08.23 erreichen Sie uns täglich zwischen 09.00 und 17.00 Uhr. Rufen Sie an, wir sind für Sie da.

Einige der Betroffenen sind dementiell erkrankt. Im Folgenden haben wir einige Hinweise zum Umgang mit ihren pflegebedürftigen Angehörigen zusammengestellt.

Sexueller Übergriff gegen pflegebedürftige Menschen mit Demenz: Was muss ich wissen, was kann ich tun?

Demenzielle Erkrankungen sind vielfältig. Wie Sie wissen, ist der schrittweise Abbau der kognitiven (geistigen) Fähigkeiten ein Merkmal jeder Demenz. Die Betroffenen erleben, dass sich ihre Fähigkeit, sich räumlich und zeitlich zu orientieren, verringert, sie finden nicht mehr die richtigen Worte, verlieren nach und nach die Fähigkeit, einen bewussten Willen zu bilden und umzusetzen und sind mehr und mehr auf motorische Zeichen zurück geworfen und ihren Gefühlen ausgeliefert, ohne sie doch bewusst steuern oder ausdrücken zu können. Das alles ist eine enorme Herausforderung für die Betroffenen, ihre Angehörigen, Pflegende und die gesamte Umgebung. UND diese abnehmende Steuerungsfähigkeit erhöht für an Demenz erkrankte Menschen das Risiko, körperlicher und psychischer  – und wie wir nun erneut erleben mussten – auch sexueller Gewalt ausgesetzt zu sein.

Viele von Ihnen leben oder arbeiten mit an Demenz erkrankten Menschen. Sie wissen daher, dass es den Menschen oft – aber nicht immer – anzumerken ist, wenn ihnen etwas Unangenehmes, Bedrohliches oder Unerträgliches widerfahren ist. Ein erhöhter Erregungslevel, motorische Unruhe, Aggression, Rückzug, vermehrte Lautsprache, eine veränderter Umgang mit Ausscheidungen – es gibt viele Arten und Weisen, mit denen das Erlebte ausgedrückt wird.

Aber ob es den Betroffenen nun direkt anzumerken ist, oder nicht: Körper und Geist haben Übergriffe erfahren, die Spuren hinterlassen.

Wie können Sie den Betroffenen nun begegnen?

Die wichtigsten Voraussetzungen für das richtige Handeln finden Sie in sich selbst: Mitgefühl und Mut. Den Mut, den Tatsachen ins Auge zu blicken: z.B. dass die Betroffene trotz ihrer Demenz auf für uns vielleicht nicht nachvollziehbare Weise einen Übergriff erlebt hat. Dass er Spuren in ihr hinterlassen hat. Dass diese sehr schmerzhaft sein können. Dass die Betroffene „weiß“, was ihr widerfahren ist – weil wissen mehr bedeuten kann als kognitives erfassen.

Das Mitgefühl signalisiert: ich nehme das Geschehen ernst und bin an Deiner Seite. Nach Übergriffen wird in der Regel gesagt, es gehe zunächst darum den Menschen zu stabilisieren. Wie geht das bei dementiell erkrankten Menschen? Nun – Sie kennen ihre Angehörigen oder die von Ihnen betreuten Personen. Sie wissen wahrscheinlich instinktiv oder vor dem Hintergrund ihrer Fachlichkeit, wie Sie Sicherheit und Ruhe ausstrahlen können. Nehmen Sie also von den folgenden Tipps, diejenigen, die für Sie in Frage kommen und die Sie für sinnvoll halten:

Konkrete Tipps

  • Bitte achten Sie sehr darauf, wie die dementiell erkrankte Angehörige, Betreute auf Berührungen reagiert. Akzeptieren Sie Zurückweisung und nähern Sie sich vorsichtig, nur im Bereich des Gesichtsfeldes und mit beruhigenden Worten oder Tönen.
  • Achten Sie besonders auf die Intimsphäre.
  • Unterlassen Sie bitte Druck und beachten Sie Widerstand im Rahmen der Intimpflege. Jetzt ist besondere Geduld wichtig.
  • Verschaffen Sie ihrer Angehörigen bewusst schöne Momente. Gibt es eine Musik, die sie beruhigt? Eine Stimme, die sie besonders liebt? Eine Aussicht oder einen Ort, der ihr im Leben wichtig war oder der es jetzt geworden ist?
  • Besuchen Sie ihre Angehörige etwas häufiger, wenn es Ihnen möglich ist. Und versuchen Sie Ruhe, Sicherheit und Gelassenheit auszustrahlen.
  • Achten Sie auf Ihr eigenes Wohlergehen. Sprechen Sie über ihre Sorgen.

Wenn Sie mögen, auch gerne mit uns. Wir sind für Sie da!

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