Zwangsverheiratung
„Zwangsverheiratungen liegen dann vor, wenn mindestens einer der Eheleute durch die Ausübung von Gewalt oder die Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Eingehen einer formellen oder informellen (also durch eine religiöse oder soziale Zeremonie geschlossenen) Ehe gezwungen wird und mit seiner Weigerung kein Gehör findet oder es nicht wagt, sich zu widersetzen“ (Mirbach et al. 2011).
Im Rahmen einer deutschen Untersuchung zu Zwangsverheiratungen (Mirbach et al. 2011) wurden 1500 Beratungsstellen schriftlich befragt. Zusätzlich erfolgte eine sechmonatige Dokumentation von individuellen Beratungsfällen in ca. 100 Beratungsstellen. Die Autoren betonen, dass keine Angaben zur Häufigkeit gemacht werden können. Da es in vielen Fällen zum Aufsuchen mehrerer Beratungsstellen kommt und auch die Dunkelziffer hinter den dokumentierten Fällen erheblich sei.
In 2008 lag der Anteil der Fälle im Zusammenhang mit Zwangsverheiratung bei ca. 50%; in Migrant_innenberatungsstellen betrug der Anteil 43%. In Beratungsstellen für männliche Jugendliche und in Lesben/Schwulenberatungsstellen war es für 30% ein Thema (Mirbach et al. 2011).
In erster Line waren junge Mädchen bis zum 17. Lebensjahr (30%) und junge Frauen zwischen 18- 21 Jahre (40%) von Zwangsheirat bedroht. Fast alle haben einen Migrationshintergrund. Die meisten (32%) sind in Deutschland geboren. Der Anteil der türkischen Mädchen und Frauen lag bei 23%.
Zwei Drittel der betroffenen Frauen gaben an, bereits in der Familie Gewalt erlebt zu haben und auch im Rahmen von Drohungen nannten 70% der betroffenen Frauen psychische Gewaltformen: anbrüllen, demütigen, erniedrigen (Mirbach et al. 2011).