„Und das soll Liebe sein!“ Präventionsveranstaltung zum Thema Gewalt in jungen Beziehungen
Beziehungen auf Augenhöhe!? Wo fängt Gewalt an und wie weit würdet ihr mitgehen?! Was heißt es, einen Konsens zu finden?! Was bedeutet für Dich Privatsphäre!?
Dies waren einige der Fragen an Schülerinnen und Schülern der 10. Klassen einer Gesamtschule in unseren Präventionsveranstaltungen im Herbst 2022. Wir wollten an diesen Projekttagen Jungen und Mädchen gleichermaßen für das Thema Gewalt in partnerschaftlichen Beziehungen sensibilisieren: Für das, was oft als „ganz normal“ vom Gegenüber wahrgenommen wird.
„Wir trekken uns alle und wissen immer wo der andere ist.“
„Was fällt euch zum Thema Beziehung, Liebe, Begegnung und Gewalt ein?“ So leiten wir die erste Arbeitseinheit des Projekttages ein. „Smash oder Pass“ sagt ein Mädchen und veranschaulicht damit, womit es Jugendliche heute in Beziehungen oft zu tun haben. Scheinbar spielerisch und eigentlich mit Humor wird das Gegenüber in die „Smash- oder Pass- Gruppe“ eingeteilt, „gewischt“. Der/die eine ist attraktiv, hübsch, und sexuell begehrenswert oder wird als mögliche/r SexpartnerIn abgelehnt.
Auch Begriffe wie Vertrauen, Treffen, Freunde, Familie, Sexualität werden benannt, sowie verschiedene Formen von Gewalt: Sexuelle Gewalt, Häusliche Gewalt, körperliche Gewalt oder psychische Gewalt. Die Mädchen und Jungen, in Gruppen nach Geschlecht getrennt, sind schnell im Thema und zeigen, wie vielfältig diese Themen für sie sind. Was sie so alles erleben und was sie selbst tun.
Gerade durch Corona, die Lockdowns, aber auch allgemein im Zeitalter der sozialen Medien und des Internets haben sich die Lebenswelten von Jugendlichen stark verändert. Sie gehen viel über soziale Medien und Handy mit einander in Kontakt, lernen sich darüber kennen, kommunizieren durchgehend so. Übergriffige Verhaltensweisen bei Jugendlichen in Paarbeziehungen sind immer häufiger, vielleicht gerade deshalb.
Wir regen die Schüler_innen zu Austausch und Diskussion an und sehen uns hierzu gemeinsam zwei Kurzfilme an. (“Wo ist die Grenze?” ” “Send nudes” ) zu einer körperlichen Grenzüberschreitung und versenden von Nacktbildern ohne Einverständnis
Hier zeigen sich Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen, sie haben zum Teil unterschiedliche Ansichten darüber, was noch ok ist und was nicht.
Anhand eines Beziehungsszenarios sollen die SchülerInnen einschätzen, wie weit sie in einer Beziehung mitgehen würden. Bei welchen Verhaltensweisen des Partners/der Partnerin würden sie „aussteigen“? Und wie würden sie sich dabei fühlen?
Interaktiv erarbeiten wir mit den Gruppen, wie man mögliche Warnsignale erkennt, die auf das Entstehen einer Gewaltdynamik innerhalb einer (jungen) Paarbeziehung hinweisen können und oft als „ganz normal“ vom Gegenüber wahrgenommen werden.
Einige Beispiele für mögliche Warnzeichen:
„Wenn sie meine Nachrichten lesen will“
„Hat er secrets vor mir?“
„Wenn lover immer für einander da sein müssen“
„Wenn ich meine Freundin über meinen Bro stellen soll“.
„Er kontrolliert was ich mache und mit wem“.
„Wenn er mir nudes schickt.“
„Wenn sie mir Sachen verbietet oder immer anfängt zu flennen.“
„Wenn er mein Aussehen über meinen Charakter stellt, oder mich beleidigt“.
Dies sind nur einige der vielen Warnsignale, die die Jugendlichen sammeln und später gemeinsam der ganzen Klasse vorstellen.
Zum Ende des Projekttags schauen wir mit den Schülerinnen und Schülern auf mögliche „Bausteine einer gesunden Beziehung“., Was können erste Schritte im Umgang mit Wahnsignalen sein und wo kann man oder frau sich, wenn nötig, Hilfe holen.
Es zeigt sich: Mädchen und Jungen sind gleichermaßen an dem Thema Gewalt in jungen Beziehungen interessiert. Und auch daran, was das andere Geschlecht darüber denkt und sagt. Gleichwohl sehen sie die Geschlechtertrennung in den Gruppen als Chance, sich in einer kleineren Gruppe und mit weniger Ablenkung der Unterschiedlichkeit untereinander, sowie der Brisanz und Wichtigkeit des Themas zu stellen.
In der gemeinsamen Feedbackrunde geben die Schülerinnen und Schüler durchweg positive Rückmeldungen zu dem Projekttag.
„Schon wieder eine Stunde rum, ich dachte sind gerade nur 10 Minuten rumgegangen“.
Es war toll die Zeit zu haben, sich so intensiv mit diesem Thema zu befassen“.
„Heute Morgen wusste ich noch nicht, wie wichtig das Thema ist und wie sehr es irgendwie jeden von uns betrifft und betreffen kann“.
„Der Film hat mich so `geflasht`.
Unser Resümée: Es hat sich für sie gelohnt! Zum Schluss erhalten die Jugendlichen eine Mappe mit Materialien zu Beziehung und Partnerschaft, Gewalt im Netz und zu Hilfeangeboten. – zum Nachlesen, weiter diskutieren und zur weiteren Anregung dazu, wie Liebe gut sein und gut tun kann“!
- Links und Materialien zur Veranstaltung:
Beziehungen auf Augenhöhe, Kampagne des Bundesverbands Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff). www.was-geht-bei-euch.de
YouToube Video zum Thema Konsens: The ‘Tea Consent’